Mit dem am 1.1.2021 in Kraft getretenen Hass-im Netz-Bekämpfungs-Gesetz (HiNBG) versucht der Gesetzgeber einen besseren (rechtlichen) Schutz vor Hass im Netz zu implementieren. Das HINBG umfasst Änderungen im Bereich des Zivilrechts und des Strafrechts einschließlich des Medienrechts, und zwar jeweils im materiellen als auch im prozessualen Recht. Im Bereich des materiellen Strafrechts kam es zu folgenden Änderungen:

  • Ausweitung des Tatbestands des „Cybermobbings“ (§ 107c StGB)
  • Einführung eines neuen Straftatbestands gegen unbefugte Bildaufnahmen (§ 120a StGB)
  • Ausweitung bzw Adaptierung des Tatbestands der Verhetzung (§ 283 StGB)

Ausweitung des Tatbestands des Cybermobbings gem § 107c StGB

Den Straftatbestand des § 107c StGB erfüllt (nunmehr), wer im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems in einer Weise, die geeignet ist, eine Person in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen,

  • eine strafbare Handlung gegen die Ehre einer Person für eine größere Zahl von Menschen für eine längere Zeit wahrnehmbar begeht; oder
  • eine Tatsache oder Bildaufnahme des höchstpersönlichen Lebensbereiches einer Person ohne deren Zustimmung für eine größere Zahl von Menschen für eine längere Zeit wahrnehmbar macht.

In seiner ursprünglichen, mit dem StrÄG 2015 eingeführten Fassung war es ein zwingendes Tatbestandsmerkmal, dass die Tathandlung „längere Zeit hindurch fortgesetzt“ erfolgt. Durch das HiNBG wurde der Straftatbestand des § 107c StGB dahingehend ausgeweitet, dass nunmehr bereits ein einmaliges Tätigwerden zB durch Verfassen eines gegen die Ehre gerichteten Hasspostings oder ein einmaliges Veröffentlichen von Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereichs eine Tathandlung iSd § 107c StGB darstellen kann. Es muss jedoch weiterhin für eine größere Zahl von Menschen für eine längere Zeit wahrnehmbar sein.

Unbefugte Bildaufnahmen (§ 120a StGB)

Durch das HiNBG wurde auch ein gänzlich neuer Straftatbestand gegen unbefugte Bildaufnahmen geschaffen. Gem § 120a Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer absichtlich eine Bildaufnahme der Genitalien, der Schamgegend, des Gesäßes, der weiblichen Brust oder der diese Körperstellen bedeckenden Unterwäsche einer anderen Person, die diese Bereiche gegen Anblick geschützt hat oder sich in einer Wohnstätte oder in einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, ohne deren Einwilligung herstellt. Wer eine solche Bildaufnahme ohne Einwilligung der abgebildeten Person einem Dritten zugänglich macht oder veröffentlicht ist, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit gleicher oder strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwölf Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen (§ 120a Abs 2 StGB). Es handelt sich dabei um ein Ermächtigungsdelikt. Der Täter ist sohin nur mit Ermächtigung der verletzten Person zu verfolgen.

Mit diesem neuen Straftatbestand ist der Gesetzgeber dem Vorbild anderer europäischer Staaten wie Großbritannien und Deutschland gefolgt. Hierdurch sollen insbesondere (aber nicht nur) das „Upskirting“ – also (heimliche) Bildaufnahmen unter den Rock – und auch sonstige unbefugte Bildaufnahmen von bestimmten geschützten Bereichen sowie deren Verbreitung strafrechtlich pönalisiert werden. Auch entsprechende Aufnahmen in Wohnstätten können unter den Straftatbestand fallen. Der Begriff der Bildaufnahme erfasst wie in § 107c StGB sowohl Fotos als auch Videos.

Auf der subjektiven Tatseite ist Absichtlichkeit erforderlich. Dem Täter muss es somit auf die Verwirklichung des Tatbestandes ankommen. Wer eine Person auf einem Brunnenrand sitzend fotografiert und dabei in Kauf nimmt, dass auch geschützte Stellen einer daneben sitzenden Person abgebildet werden, soll sich weiterhin nicht strafbar machen.

Ausweitung bzw Adaptierung des Straftatbestands der Verhetzung (§ 283 StGB)

Mit dem HiNBG wurden weiters gegen die Menschenwürde gerichtete Beschimpfungen (auch) von Einzelpersonen in den Straftatbestand der Verhetzung aufgenommen. Beschimpfungen von Einzelpersonen waren bis zum Inkrafttreten des HiNBG nach § 115 StGB als Beleidigung mit bis zu drei Monate Freiheitsstrafe bedroht.

 

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