ÖVP, SPÖ und NEOS haben am 27.02.2025 ihr Regierungsprogramm für die Jahre 2025 bis 2029 präsentiert. Darunter befinden sich auch Pläne für neue Reformen im Justizsystem mit Fokus auf das Straf- und Strafprozessrecht. Ein erster Überblick.
Hinsichtlich des Strafrechts werden insbesondere die Punkte Sexualstrafrecht, Cyberkriminalität, Terrorismus und Extremismus aufgegriffen. In diesen Bereichen soll die Einführung von Sonderzuständigkeiten für eine Spezialisierung sorgen.
Das Sexualstrafrecht soll überarbeitet werden, um bestehende Lücken zu schließen und hinsichtlich digitaler Straftaten soll es zu einer Verschärfung und Stärkung des Opferschutzes kommen. Sogenannte “Dick-Pics” sollen pönalisiert werden. Im Blick auf die Digitalisierung sollen zudem die derzeitigen Bestimmungen zur Cyberkriminalisierung evaluiert werden.
Weiters sollen verbesserte statistische Erfassung und Prävention zur stärkeren Bekämpfung von Hassverbrechen und Femiziden beitragen. Auch bei der Jugendkriminalität sind vermehrte Präventionsmaßnahmen angedacht, so beispielsweise Normverdeutlichungsgespräche auch für nicht strafmündige Jugendliche oder die Schaffung verpflichtender Fallkonferenzen für unmündige Intensivtäterinnen und -täter.
Die Tatbestände im Bereich Terrorismus und Extremismus werden verschärft und es ist ein Maßnahmenpakt gegen Spionage angedacht. Dabei soll die Strafbarkeit von Spionage erweitert werden und der Straftatbestand des § 319 StGB, der militärische Nachrichtendienst für einen fremden Staat, auch auf zivile Nachrichtendienste ausgeweitet werden.
Prozessrechtlich soll der Fokus auf mehr Effizienz und Transparenz im Strafverfahren gelegt werden. Geplant wären dafür verpflichtende Video- und Tonaufzeichnungen von Beschuldigteneinvernahmen und die Sicherstellung des Kontakts zwischen Strafverteidigerin oder Strafverteidiger und Beschuldigten auch am Wochenende, etwa vor Haftverhandlung. Die Effizienz des Verfahrens soll durch die Evaluierung der Großverfahren mit dem Ziel der Ableitung von Maßnahmen zur effizienteren, vor allem schnelleren Erledigung der Verfahren und eines effektiven Ressourceneinsatzes (zB durch effiziente Datenanalyse) gefördert werden. Darüber hinaus soll nun nach jahrelangen Diskussionen eine Bundesstaatsanwaltschaft als eigenes Kollegialorgan eingeführt werden. Diese soll anstatt der Bundesministerin für Justiz die Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften erhalten. Das Institut des Rechtsschutzbeauftragten soll ausgebaut werden.
Im Hinblick auf mögliche materielle Neuerungen der Delikte gegen Leib und Leben, Sexualdelikte und Terrorismusdelikte soll es in diesen Bereichen auch zu einer Reform des Haupt- und Rechtsmittelverfahrens kommen. Dafür wird unter anderem die Evaluierung der Nichtigkeitsgründe in der Strafprozessordnung und der Besetzung und Zuständigkeit der Laiengerichtsbarkeit, unter Beibehaltung der Laienbeteiligung, angedacht.
Generell soll das StGB bezüglich der Balance des Strafausmaßes zwischen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben kritisch beleuchtet werden. Auch die Durchsetzung von Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung und zur Einziehung von Vermögenswerten soll überprüft werden.
Das Programm greift gerade die Themen auf, die in der letzten Zeit vermehrt in den Medien diskutiert wurden und auch aufgrund jüngster Ereignisse in Österreich besonders im Fokus standen. Die Reformpläne zeigen somit den Willen, sich an aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen auch auf Justizebene anzupassen.