Vor Kurzem kündigte die Regierung an, die sogenannte Kronzeugenregelung zu verlängern. Bei dieser handelt es sich – wie auch bei der Selbstanzeige und der Tätigen Reue – um eine Möglichkeit, trotz begangener Straftat unter Umständen (zumindest teilweise) ohne Strafe “davonzukommen”. Bei all diesen Möglichkeiten ist jedoch Vorsicht geboten und sollte gut überlegt und vorbereitet vorgegangen werden.

Der Staat setzt bestimmte Handlungen unter Strafe und möchte so den Rechtsunterworfenen – also uns alle – davon abhalten, diese zu begehen. Das beginnt von der einfachen Verwaltungsstrafe wegen Zuschnellfahrens und endet bei der lebenslänglichen Haftstrafe wegen Mordes. Bei gewissen Delikten ist jedoch das Interesse des Staates, durch Strafen die Menschen von solchen Handlungen abzuhalten, noch von anderen, offenbar für den Staat wichtigeren Interessen überlagert. So zum Beispiel das Interesse des Staates, dass die Bürger ihre Steuern zahlen. Entsprechend kann beispielsweise jemand, der Abgaben hinterzogen hat und sich somit grundsätzlich strafbar gemacht hat, einer Strafe entgehen, wenn er eine Selbstanzeige macht, weil es dem Staat offensichtlich wichtiger ist, die ursprünglich hinterzogenen Steuern zu erhalten, als jemanden durch eine Strafdrohung von der Zahlung der Steuern abzuhalten. Auch soll unter Umständen die Wiedergutmachung bzw das “Rückgängigmachen” einer strafbaren Handlung bevor die Ermittlungsbehörden davon erfahren – durch die sogenannte Tätige Reue – dafür sorgen, dass der Täter keine Strafe befürchten muss.

Tätige Reue

Bei zahlreichen Delikten (wie zB bei Vermögensdelikten, Delikten gegen die Umwelt, strafbare Handlungen gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweiszeichen und Delikten gegen den Rechtspflege) besteht die Möglichkeit, durch Ausübung der sogenannten Tätigen Reue eine grundsätzlich bereits bestehende Strafbarkeit wieder aufzuheben.

Dem Täter kommt ganz allgemein gesagt bei jenen Delikten, wo dies vorgesehen ist, tätige Reue zustatten, wenn er, bevor die Ermittlungsbehörde von seinem Verschulden erfahren hat, den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden gutmacht oder sich vertraglich verpflichtet, dem Verletzten binnen einer bestimmten Zeit eine Schadensgutmachung zu leisten. In letzterem Fall lebt die Strafbarkeit wieder auf, wenn der Täter seine Verpflichtung nicht einhält. Auch eine Selbstanzeige im Rahmen derer der Täter der Behörde sein Verschulden offenbart und er zugleich die Schadenswiedergutmachung bei der Behörde hinterlegt, kann zur Tätigen Reue und Straffreiheit führen.

Finanzstrafrechtliche Selbstanzeige

Ein weiteres Instrument, welches in der Praxis eine wesentliche Rolle spielt, ist die finanzstrafrechtliche Selbstanzeige (§ 29 FinStrG). Wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, wird insoweit straffrei, als er seine Verfehlung mittels Selbstanzeige darlegt. Die Darlegung hat gegenüber einem Finanzamt oder dem Amt für Betrugsbekämpfung zu erfolgen. War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so muss der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offen gelegt werden und binnen einer Frist von einem Monat die sich daraus ergebenden Beträge, die vom Anzeiger geschuldet werden, oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, tatsächlich mit schuldbefreiender Wirkung entrichtet werden. Straffreiheit tritt beispielsweise nicht ein, wenn die Behörden bereits Ermittlungen (Verfolgungshandlungen) gegen diese Person oder sonstige Beteiligte unternommen haben. Darüber hinaus bestehen auch weitere Gründe, welche eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung hindern können. Es gibt bei der Selbstanzeige (wie auch bei der Tätigen Reue und der Kronzeugenregelung) zahlreiche Fallstricke, welche die Gefahr bergen, dass man schlussendlich keine strafbefreiende Wirkung erreicht.

Kronzeuge

Seit 2011 besteht im österreichischen Strafprozessrecht eine sogenannte Kronzeugenregelung, welche nun (da bis dato nur befristet und bis Ende dieses Jahres in Kraft) verlängert werden soll. Aufgrund der Kronzeugenregelung hat der Täter einer Straftat, die in der schöffen- oder geschworenengerichtliche Zuständigkeit unterliegt bzw in die Zuständigkeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft fällt, unter gewissen Umständen die Möglichkeit, sich als Kronzeuge den Ermittlungsbehörden zur Verfügung zu stellen und freiwillig sein Wissen über Tatsachen zu offenbaren, die noch nicht Gegenstand eines gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens sind und deren Kenntnis wesentlich zur Aufklärung dieser (weiteren) Straftaten beiträgt. In diesem Fall erfolgt keine Straffreiheit im eigentlichen Sinn, sondern kann bzw wird mit einer sogenannten Diversion vorgegangen (zB Zahlung eines Geldbetrags), was jedoch keine strafrechtliche Verurteilung bedeutet.

Was zu beachten ist

Selbstanzeige, Tätige Reue und Kronzeugenregelung bieten unter gewissen Umständen für einen Täter – und zwar sowohl für natürliche Personen als auch Verbände (va Unternehmen) – Möglichkeiten, einer Strafe zu entgehen. Bei der tätigen Reue müssen die Behörden allenfalls nicht einmal etwas von der strafbaren Handlung erfahren. All diese Möglichkeiten haben aber gemein, dass sie zahlreiche Fallstricke haben, welche die Gefahr bergen, dass das Vorgehen “nach hinten los geht”. Zugleich bedarf es aber oftmals ein rasches Handeln, da diese Möglichkeiten zeitlich nur sehr beschränkt bestehen. Eine unverzügliche Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt, welcher zu den Möglichkeiten berät und das entsprechende Vorgehen vorbereitet und begleitet, scheint daher jedenfalls geboten.

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